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Hufeisenförmige Fibeln, zwei in einem Grab

Gotland, Männerbestattungen

Auf Gotland finden sich als Grabbeigabe, Schatz- oder Streufunde mehr als 2000 wikingerzeitliche und mittelalterliche Ringfibeln verschiedener Größe.

Zu der Verwendung schrieb. L. Thunmark-Nylen: „Für die Größere (Fibel) kann man eine Zugehörigkeit zum Mantelüberwurf annehmen, während die kleineren häufig den Eindruck machen, sie hätten den Halsschlitz eines Kleidungsstück zusammengehalten, das man über den Kopf zu ziehen hatte. (L. Thunmark-Nylén Die Wikingerzeit Gotlands III:2, 2006, S. 440/441“

Die hier genannten Möglichkeiten der Verwendung erscheinen mir sehr uniform.
Um ein Bild der Tracht der Bestatteten und der Verwendungsmöglichkeiten zu gewinnen habe ich die 46 ungestörten Gräber der Wikingerzeit mit zwei Fibeln aus den beiden Bänden Die Wikingerzeit Gotlands. IV:1&2 zusammen gestellt.

Alleine diese Gräber zeigen ein viel breiteres Spektrum der Lage in den Gräbern und der Verwendungsmöglichkeiten. Die Möglichkeit das die kleinere der Fibeln einen Halsschlitz verschloss ist dabei nur selten gegeben.

(Anm.: die Erstellung der Übersicht einzelner Fibeln ist von mir bereits in Arbeit, ich bin sehr gespannt wie sich das Bild dann verändert. An einigen Stellen fliessen bereits Anmerkungen mit ein. Abschliessend würde mir ein Vergleich mit Darstellungen auf Bildsteinen und Goldgubben vorschweben...).

Übersicht

Ort und Inventarnr. Fundlage große Fibel Dm. Fundlage kleine Fibel Dm.
Barshalder Grab 10/1962 auf der rechten Seite des Halses 3,2 auf der rechten Seite des Halses, etwas näher zur Körpermitte 3,2
Barshalder Grab 14/1966 SHM 32181:14 auf der rechten Schulter 5,9 auf den Halswirbeln 3,1
Barshalder Grab 27b/1966 SHM 32181:27b neben zertrümmerten Schädelknochen 5,1 etwas Nord-Westlich davon 3,5
Barshalder Grab 27D/1966 SHM 32181:27d beim Schädel 4,1 schräg unterhalb des Schädels auf der linken Brustseite 3,3
Barshalder Grab 7/1962 SHM 27778:7 unterhalb des Schädels, auf der östlichen Seite 4,6 unterhalb des Schädels, auf der westlichen Seite 3,2
Grode, Grab 13, Fleringe; noch keienr Sammlung einverleibt rechts vom Brustkorb am oberen Teil des Oberarms 7,5 auf der rechten Beckenhälfte 4
Grötlingbo, Barshalder, Grab 26/1936 SHM 21540:26 am Platz der linken Schulter, 4,7cm Dm 4,7 am Platz der linken Schulter 3,5
Grötlingbo, Barshalder, Grab 8/1960 SHM 27296:8 auf der rechten Schulter unter dem Kinn 3,8 näher am Kinn 2,7
Havor Grab 191, Hablingbo SHM 8064:191 auf der Brust bei der linken Schulter 6,8 auf der Wirbelsäule in Brustmitte 3,3
Havor Grab 196, Hablingbo SHM 8065:196 auf der rechten Schulter 4,1 auf der rechten Schulter, näher am Hals 3,4
Havor Grab 197, Hablingbo, SHM 8064:197 auf der rechten Schulter 7 auf der Wirbelsäule gleich unterhalb des Halses 4,3
Havor Grab 201, Hablingbo, SHM 8064:201 zwischen Schulter und Unterkiefer 5 mitten auf der Brust 3,2
Havor Grab 226B, Hablingbo, SHM 8552:226b direkt neben der Wirbelsäule in Höhe des Ellenbogens 5,7 direkt neben der Wirbelsäule im oberen Teil der Brust 4,8
Hellvi, Ire Grab 220, GF C 9285:8-30 an der rechten Schulter 7,1 mitten auf der Brust 4
Hellvi, Ire Grab 222a, SHM 23140:222A Bildsteine GF C 11041-42 oberhalb der rechten Schulter 6 auf der linken Brustseite unterhalb des Schlüsselbeins 4,8
Hellvi, Ire Grab 226 GF C 9285:51-62 alle am Platz der rechten Bauchseite, 6,5cm, 4,9cm, 5,3cm 6,5 das Skelett in vermutlicher Bauchlage 4,8
Hellvi, Ire Grab 240 GF C 9285:74-92 an der rechten Schulter 6,7 am Hals 2,4
Hemse, Annex, Grab 2 SHM 32458:2 horizontal und vertikal oberhalb der kleinen Fibel 3,8 auf der rechten Seite des Halses 2,9
Hvor, Grab 8, Hablingbo, SHM 7582:8 neben der rechten Oberschenkelmitte 4,5 am rechten Schlüsselbein 3,3
Othem, Slite, Grab 6, SHM 6/1944; sowie Ringnadel am Platz des rechten Arms zwischen den Oberschenkeln 5,3 am Platz der rechten Schulter 2,9
Othem, Slite Grab 7a/1944 SHM 232487:a auf dem oberen Teil der Brust, links der Wirbelsäle 7,9 auf dem oberen Teil der Brust, rechts der Wirbelsäule 6
Silte, Stenberger 1938, Hallvards Grab 1, SHM 22087:1 oberhalb der rechten Schulter 5,1 auf den Halswirbeln an den Schlüsselbeinen 3
Silte, Halvards Grab 5, SHM 22087:5 auf der Brust in Höhe der Oberarmmitte 4,4 etwas oberhalb des Schädels 3,7
Silte, Halvards Grab 9, SHM 22087:9 unmittelbar oberhalb der rechten Schulter 4,3 unterhalb des Kinns ein wenig links von den Halswirbeln 3,1
Slite, Halvards Grab 14, SHM 22353:14 am Platz des Beckens 6,4 an oder neben der rechten Brust 3,5
Väskine, Gällungs Grab 3/1973 SHM 32391:3 an der rechten Halsseite k. A. an der linken Halsseite k. A.
Väte, Mölner Grab 49, 32457:49 an der rechten Schulter 6 mitten auf der Brust 3,5
Väte, Mölner Grab 84, SHM 32547:84 Brustmitte unterhalb der Kinnspitze 6,1 die kleine unmittelbar darunter beide Fibeln steckten in dickem Wollstoff! 3,4
Väte, Möllner Grab 109,SHM 32457:109 an der linken Schulter oberhalb der kleinen 6,7 an der linken Schulter 3,9
Väte, Möllner Grab 128, SHM 32457:128 mitten auf dem linken Oberarm, dieser lag mitten auf dem Brustkorb; die Nadel mit Resten von grobem Wollstoff; 6 die kleinere vorn in der Mitte unterhalb des Kinns 3,3
Vallstena, Björge Grab 52/1992 eiserne dritte Ringfibel mit Bronzenadel an der rechten Schulter am rechten Schlüsselbein 5,3 neben dem linken Unterschenkel Nadel: 9,6cm
Visby, Land Nord, Gustavsvik Grab 13, SHM 10950A:13 zwischen der rechten Hand und dem Hüftgelenkt k. A. auf der linken Brustseite unterhalb der Schulter k. A.
Visby, Land Nord, Gustavsvik Grab 26 SHM 10950A:26 drei Fibeln 4 in einer Reihe entlang der Außenseite des linken Unterarms ,die dritte 3,8cm 3,3
Visby, Land Süd, Grab o.Nr. 1917/ SHM 16098:1 neben dem rechten Hüftgelenk 4,9 auf der linken Schulter beim Hals 4,2
Visby, Land Süd, Grab 1/1918, SHM 16098:2 an der linken Seite 8,1 an der rechten Schulter 6,4
Visby, Land Süd, Grab 17/1956m GF C 10183:26-30 oberhalb der rechten Schulter (Eisen) 11,9 über dem rechten Oberschenkelhals 5,2
Visby, Land Süd, Kopparsvik Grab 80, GF C 012675:80 an der rechten Hüfte 9,4 auf der rechten Brustkorbseite 5,4
Visby, Land Süd, Kopparsvik, Grab 82, GF C 13675:82 unter dem rechten Teil des Brustkorbs bei der Wirbelsäule (Eisen) 8,5 außerhalb der linken Hüfte am Platz der Hand 6,7
Visby , Land Süd, Kopparsvik, Grab 97, GF C 12675:97 am rechten Hüftgelenk 5,3 unter dem Kiefer oben auf der Schulter 4,9
Visby, Land Süd, Kopparsvik Grab 116, GF C 12675:116 zwischen den Oberschenkeln beim linken Beckenknochen 11,2 rechts im Brustkorb 6,8
Visby, Land Süd, Kopparsvik Grab 151, GF C 12675:151 neben dem linken Handgelenkt (Eisen) 7,8 am Kinn 4,4
Visby, Land Süd, Kopparsvik Grab 172, GF C 12675:172 auf dem linken Oberschenkel ein Stück unterhalb des Hüftgelenks 7,5 auf dem oberen rechten Teil des Brustkorbs 5
Visby, Land Süd, Kopparsvik Grab 179, GF C 12675:179 an der linken Schulter 7,5 unter dem Kinn auf den Halswirbeln 5,8
Visby, Land Süd, Kopparsvik Grab 186, GF C 12672:186 neben dem rechten Hüftgelenk 7,3 neben dem rechten Oberarm 4,7
Visby, Land Süd, Kopparsvik Grab 230, GTF C 12675:230 etwas unterhalb des rechten Schultergelenks 6,9 etwas oberhalb dessen 4
Visby, Land Süd, Kopparsvik Grab 235, GF C 12675:237 beim linken Ellenbogen 8,2 mitten auf der Brust 5,3
Visby, Land Süd, Kopparsvik Grab 273, GF C 12675:273 Neben einander auf der rechten Brustseite 5,1 nebeneinander auf der rechten Brustseite 5


große Fibeln

In ihrer Art und Masse eignen sich die großen Fibeln sehr gut für die tragende Funktion eines schweren Umhanges, diesen zu schließen und in Position zu halten. Diese Position und Verwendung spiegelt sich in den Angaben wie: an der linken Schulter, oberhalb der rechten Schulter, am rechten Schlüsselbein, Brustmitte unterhalb der Kinnspitze...
Nur selten liegen die größeren Fibeln nicht im Bereich des Oberkörpers und somit in einer Position die einen schweren Umhang halten/fixieren kann, z.B: neben dem rechten Hüftgelenk. ( Zu der Interpretation der Fibeln in diesen Lagen siehe „Fibeln in unklarer Lage“)

Kleine Fibeln

Nur in fünf der 46 Gräber hätten die Fibeln einen frontalen Halsausschnitt verschließen können. Die Beschreibungen lauten dann wie folgt:
direkt neben der Wirbelsäule im oberen Teil der Brust, auf der Wirbelsäule gleich unterhalb des Halses, auf den Halswirbeln an den Schlüsselbeinen, am Kinn, unter dem Kinn auf den Halswirbeln.

Beschreibungen wie am Hals, mitten auf der Brust, auf der rechten Seite des Halses, auf dem oberen Teil der Brust rechts der Wirbelsäule oder auf der rechten Brustkorbseite lassen an einer Verwendung von Fibeln als Verschluss für den Halsausschnitt zweifeln. Außer es wäre ein Stehkragen oder ein Ausschnitt der bis auf die Brustmitte ging. Möglich? Wieso nicht. Aber schwer vorstellbar.

Eines dieser Gräber bestärkt die Verwendung als Halsausschnittverschluss: Zum einen liegt die Fibel in der richtigen Lage, zum anderen weisen die beiden Ringfibeln verschiedene Stoffreste auf (Väte, Möllner Grab 128, SHM 32457:128). Die Große einen groben Wollstoff, die kleinere einen feinen Köper. Beide lagen unterhalb des Kinns auf der Brust, die große über der kleineren.

Das dies jedoch nicht immer der Fall war, zeigt das Grabinventar Grab 84 von Möllner. Beide Fibeln lagen dicht unter einander in der Brustmitte unterhalb der Kinnspitze und beide steckten in einem dicken Wollstoff.

Die Verwendung als Halsausschnittverschluss ist somit sicher gegeben, aber bei weitem nicht die einzige Möglichkeit.

fibneln in unklarer Lage

(Oder auch: Die Verwendungspekulationen)

Für beide Fibelgrößen sind mehrere Funktionen vorstellbar – auch als „Schal-Halter“ oder Verschluss eines Leichentuchs. Für große und kleine Fibeln besteht jedoch ebenso jeweils die Möglichkeit, das sie alleine oder in Kombination z.B. einen Klappenrock auf Hüfthöhe verschlossen haben.

Gut möglich ist es auch das eine große Fibel einen Klappenrock auf der Hüfthöhe verschloss und das die zweite kleine(!) Fibel einen leichten (!) Umhang auf der linken Brustseite unterhalb der Schulter verschlossen hat (z.B. Grab 13, Visby, Land Nord, Gustavsvik). Schwer vorstellbar ist hingegen ist, das ein in diesem Fall zweiter Umhang auf Hüfthöhe verschlossen wurde. Dazu ist auf den Bildsteinen keine Gewand zu erkennen, das die letzte Theorie begründen könnte.

Fazit

Die Vielfalt der Lagen der Fibeln in den Gräbern zeigt, das größere Fibeln primär im Bereich der Schulter gefunden worden sind und vieles für einen Verwendung als Umhangverschluss spricht.
Für beide Fibeln als Verschluss für einen Klappenrock spricht, wenn sie im Bereich des Unterkörpers gefunden werden.
Für die kleineren Fibeln ist keine primäre Funktion als Halsausschnitt feststellbar.
Fibeln in anderen Fundlagen zeigen aber individuellere Verwendungsmöglichkeiten, die sicher durch die Statur, Mittel und persönlichen Vorlieben beeinflusst waren.
Es ist nicht möglich, einer Fibelgröße eine ausschließliche Verwendung zu zuweisen.