Sie sind hier: Stickarbeiten
Zurück zu: Kunterbunt III
Allgemein:

Suchen nach:

Stickarbeiten

Stickarbeiten mit Glasperlen?

Ja, gibt es, z.B. aus
Salaspils Letskola (Lettland),
Birka Grab 526 (Schweden),
Liebenau N07/A2(Altsachen) mit einem Perlendurchmesser von 0,3 bis 0,68 Millimeter (!)
Schleitheim Grab 814 (Alamannen),
oder
Hügel 77 des Navra-Gräberfeldes (Kroatien)

Es gibt auch frühere Nachweise, bei den Samarten war das alltäglich - für Hosen und Röcke.

Ich hatte mir mal (2005) den Umhang Salaspils vorgenommen, bis zu fünf Reihen Glasperlen. Der Ansatz (s. Bild) ist mit anderen Dingen meinem Wohnwagenbrand 2017 zum Opfer gefallen. Ich habe dann mal neu angefangen und habe derzeit irgendwie keine Lust mehr. 3 x 1,30 m Umhang schwerer Wollstoff sind so shcon genug.
Hat jemand Interesse an 6,20 m Perlen? (Ldm. 2 mm)

Salaspils

Während der Wikingerzeit war dieser Bereich von Liven, der ursprünglichen Bevölkerung Lettlands, besiedelt. Neben den Liven errichteten auch die Wikinger einige Siedlungen.
Das Männergrab 2 ist auf 1.000 n. Chr. datiert. Dem Verstorbenen wurden neben einem mit Beschlägen verzierten Gürtel mit Prunkquasten mehrere Fibeln, Armreifen, eine Axt, ein Messer und ein Speer beigegeben. Die Beigaben Speer und Axt lassen eine geschlechtliche Zuordnung eindeutig zu. Außerdem fanden sich im Grab unzählige, in bis zu fünf Reihen angeordnete Perlen.
Der Fundlage nach könnte es sich ursprünglich um einen mit Glasperlen und bronzenen Spiralen verzierten Saum eines Umhangs gehandelt haben. Es gibt keine Informationen zu der farblichen Zusammenstellung und zur genauen Perlenzahl. Bei dieser hohen Perlenzahl und unter Berücksichtigung der weiteren Beigaben muss es sich um eine Person von sehr hohem Status gehandelt haben. Die Bronzespiralen und die Armreifen lassen auf einen Liven hindeuten. Diese Beigaben sind für livische Bestattung typisch. Allerdings kann es auch ein Wikinger gewesen sein, der sich stark an die livische Lebensweise angepasst hat. (nach Ginters, Waldemar: Tracht und Schmuck in Birka und im ostbaltischen Raum, 1981)

Birka Grab 526

Am Kopfende des Grabes ist im Grabplan eine Reihe von 19 Perlen sowie östlich davon, rings um die Schalenspangen weiträumig verstreut, sind weitere 194 Perlen eingezeichnet. Am Fußende finden sich 65 Perlen.
Auch wenn die Grabpläne nicht dreidimensional erstellt wurden, die 194 Perlen bildeten wahrscheinlich eine Stickarbeit, z.B. auf einem Umhang. Keine zerrissene Perlenkette würde so weiträumig streuen, ins Grab "geworfene" Perlen würden nicht so kreisförmig streuen.
Die 19 Perlen könnten z.B. ein Stirnband, Mützenbesatz oder Haarschmuck gewesen sein. Die Perlen dürften so wie sie im Grabplan eingezeichnet sind keine Kette jedweder Art gebildet haben.
Die letzte Gruppe von 65 Perlen ist als Beigabe zu interpretieren, ein Tasche mit einer Stickarbeit bei den Füßen ist eher unwahrscheinlich.
Die Glasperlen sind im Museum nicht getrennt gehalten, im Ganzen 278, nämlich aus Glas
• Zwei hellblaue mit abgeschnittenen Ecken, Taf. 120:10e und f, Dm. 1,1 cm,
• eine runde, dunkel blaugrüne, Taf. 120:10h,
• mit Silberfolie, doppelt, L 0,8 cm,
• eine blaue Doppelperle, L. 0,9 cm,
• 151 blaue ringförmige, Taf. 122:10e, wahrscheinlich ursprünglich grün, die Oberfläche jetzt stark irisiert, L. 0,7 – 1 cc,
• aus Glasfluss eine zylinderförmige aus grünem und hellgelben Stäbchen mit 2 länglichen Augen in gelb, rot, weiß blau, Taf. 120:10a, L. 1,7 cm, Dm. 0,6 cm,
• 46 grüne, Taf. 120:10 c – d
• 52 gelbe, Taf. 120.10 b und
• 14 grauweiße, kleine ringförmige, alle im Dm. 0,4 – 0,8 cm,
• eine rote tonnenförmig, Dm. 1 cm, endlich
eine Gruppe von Perlen (111:16) mit großer Wahrscheinlichkeit mi den im Museum für sich für sich auf einer Schnur aufgereihten 65 Perlen identisch ist, nämlich
aus Glas
• eine dreifache Silberfolienperle, L. 1,4 cm,
• eine einfache mit Goldfolie, Dm. 0,8 cm,
• eine blaue, schwach tonnenförmige mit unregelmäßig fließenden weißen Streifen, Dm. 1 cm,
• eine blaue Doppelperle mit längsgehenden, weißen Fäden, Die Form Taf. 123:31c, L. 1,1 cm.
• 15 kleine ringförmige, dunkelblau, Dm. 0,4 – 0,9 cm,
• 2 sechsseitige grün (?), L. 0,7 – 0,8 cm
Aus Glasfluss
• 24 kleine ringförmige, gelb, die meisten sehr klein, Dm. 0,3 – 0,6 cm,
• 10 grau weiße ringförmige einige sehr klein, Dm. 0,3-0,8 cm,
• 5 kleine erbsenförmige, grauweiße mit je 3 längsgehenden blauen Streifen, Dm . 0,3 -0,4 cm,
• 3 grüne ringförmige, Dm. 0,4 – 0,6 cm,
• eine gelbe tonnenförmige, Dm. 0,9 cm,
• eine rote, jetzt braune, bikonisch mit Spuren von 3 eingelegten Augen, vgl. 123:11c, Dm. 0,9 cm.
Also sind Stickarbeiten mit einem Dm. bis 0,9 cm nicht untypisch.

Liebenau, Perlenstickerei / flächige Besätze

„Die Unterscheidung eines lose getragenen, flächig gearbeiteten Perlenkragens (Tab 67.2) von einem flächig gearbeiteten Kleidungs-Ausschnitzbesatzes (Tab. 67.12) ist im archäologischen Befund nur ausnahmsweise möglich. Glücklicherweise sind gerade die beiden hier zu besprechenden Kleinperlenensembles aus F12/A5 und N07/A2 solche Ausnahmen.

Die Perlen aus F12/A5 saßen überwiegend auf der Brust der Toten, hinter den Schultern bzw. im Nacken wurden nur einzelne Perlen beobachtet. Der Perlenschmuck wird hier als Ausschnittbesatz zu deuten sein. Vermutlich waren die Perlen auf einem Trägerfaden aufgezogen und mi einem zweiten Faden auf dem Stoff befestigt (Tab. 67.15 unten); denkbar ist auch, daß der Perlenfaden in größeren Abständen vernäht war. (Tab. 67.15 oben). …

Die Perlen von N07/A2 wurden nicht in Trachtlage, sondern als Beutelinhalt geborgen. Die Perlen haben demnach nicht auf einer textilen Unterlage gesessen, es handelt sich um einen lose gearbeiteten Perlenschmuck. Leider lassen sich Muster und Anordnung der Perlen nicht mehr feststellen; da aber wohl nur durch die größeren Perlen mehr als ein Faden gefädelt werden konnte, könnte der Perlenschmuck in einer Schling-Technik (ähnlich Tab. 67.4) oder als Netzgeflecht (ähnlich Tab. 67.5) gefertigt worden sein. Bei anderen Techniken (Tab. 67.8-10) müssen die meisten Perlen mindestens zweimal durchfädelt werden…“ (Siegmann, S. 868)
Weiter

„Einzelne Perlenornamente“
„Einzelne Ornamente in Perlenstickerei (Tab. 67.12) sind verhältnismäßig selten. Es handelt sich in Liebenau und Dörderven um die Befunde G13/A2 (Kleinperleninventar) sowie L12/A3. Beide Motive waren aus Miniaturperlen in den Farben Grün und Gelb ausgeführt; in beiden Fällen saß die Stickerei auf der linken Schulter. Es ist wohl davon auszugehen, daß diese Arbeiten nicht nur aus Perlen, sondern auch aus „normaler“ Stickerei aus farbigen Garnen ausgeführt wurden. Zur Ornamentik und Technik beider Stickereien lassen sich keine näheren Angaben machen.

Ganz anders als diese beiden Stickereien war das Perlenornament N12/A2 gestaltet. Das Ornament wurde hier durch einen Bronzedrahtring begrenzt, die (relativ) großen Perlen waren innerhalb dieses Ringes z. T. in Strängen befestigt. Ob es sich hierbei um eine fest auf der Kleidung angebrachte Stickerei oder um ein separat gefertigtes, loses getragenes, mit organischer Unterlage versehenes Schmuckstück handelte, bleibt allerdings ungeklärt.“ (Siegmann, S. 870)
Bestattung F12/A5"

Ich beschränke mich hier in der Wiedergabe auf diese Bestattung, da es ja auch nur einen kleinen interessierten Personenkreis unter den Lesern dieses Randerscheinung der Perlenverwerndung gibt. Bei Fragen stehe ich aber gern zur Verfügung.

"Das Perleninventar des Körpergrabes F12/A5 umfasste insgesamt 154 Perlen, wobei es sich mit einer Ausnahme (Nr. 52) um Miniaturperlen handelt.
Nachdem die ersten 7 Perlen 158 bis 158,3 cm Tiefe beobachtet worden waren, wurde die Dokumentation und Bergung mit größter Sorgfalt durchgeführt. Die Perlen wurden in sechs 3 mm starken (!) Straten geborgen, wobei sie auf zwei verschiedenen Plänen dokumentiert wurden: auf dem Perleneinzelplan mit exakter Darstellung der Form und der Lage des Fadenlochs sowie auf dem Perlengesamtplan, auf welchem die Perlen schematisch unter Angabe von Farbe und Sonderfundnummer verzeichnet wurden.

Glückweise sind troth einer erfolgten Neunummerierung der Sonderfunde allen Perlen noch ihre alten Sonerfundnummern zuzuordnen.

...Wie im benachbarten Gra F12/A4 besteht das Perleninventar auch hier aus smaragdgrünen transluzenden Hackperlen (PE2.5-01a) sowie gelben Miniaturperlen (PE1.3.04-03b, PE1.3.03-11, PE1.3.05-11). Nur Nr. 52 fällt als große rotePerle optisch aus dem Rahmen.

In vielen Bereichen vor allen der Straten 3-5 liegen die Perlen noch weitgehend im Verband, d.h. Loch an Loch. Auffällig ist, daß diese gut erhaltenen Strangabschnitte kleine Bögen bzw. Halbkreise formen. Häufig sind mehrreihige Abschnitte zu erkennen, wobei allerdings nie mehr als 2 Stränge parallel zueinander verlaufen. In vielen Fällen kamen Stränge mit gänzlich anderer Ausrichtung (z.B. gegenläufige Bögen) nebeneinander zu liegen.

Diese kleinen Bögen sind es die den "blumigen" Effekt (Abb. 205 und Abb. 206) bewirken. ... Wir haben es zweifellos mit einem Halsschmuck zu tun, so daß hier entweder ein reich mit Perlen bestickter Halsausschnitt oder aber ein Perlenkragen vorliergt. Da Perlenkragen auspraktischen Gründen i. d. R. um den den ganzen Hals reichen, die Tote aus F12/A5 aber nur vorne Perlen trug, halte ich eine Deutung als Kleidungsbesatz für Wahrscinlicher. (Siegmann, S. 727 - 732)

Literatur/Abbildungen: Siegmann, Maren: Bunte Pracht - Die Perlen der Frühmittelalterlichen Gräberfelder von Liebenau, Kreis Nienburg/Weser und Dörveren, Kreis Verden/Aller; Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 28, Langenweisbach 2005

Schleitheim, Grab 814

Grab 814
"Erdgrab mit Sarg oder Totenbrett. Von Grab 802 überlagert. T. 100 cm.
Rechteckige, an N-Seite unregelmässige Grube 220x65 cm. 40 cm von Wund 45 cm von O-Seite quer auf der Grabsohle ein 60 cm bzw. 55 cm langes,
12 cm bzw. 14 cm breites bis zu 6 cm tiefes Gräbchen. Beim li. Oberschenkelhals längsgemaserter Eichenholzrest (Quercus sp.), darüber Ringe
(7–8). Skelett: Schlecht erhalten, in situ, gestreckte Rückenlage, beide Hände im Becken. Frau/Frau, 30–39 Jahre.
Beigaben (Taf. 102): Vom Hals bis Becken ein durchgehender Strang von Perlen (1). Mittig in der oberen (2) und unteren (3) Brusthälfte Rechteckfibel, beide Rs. (2) fast vollständig unter Perlen, (3) randlich von Perlen überlagert. Im Becken re. Schnalle (4). Am Gürtel Gehänge (5–17): In Neckenmitte untereinander Ring (5) und gelochte Bronzescheibe (6). Zwei Bronzeringe im Becken li., wobei der grössere (7) über (8) liegt. Zwischen (5; 6) und (7; 8), teilweise unter nach re. verschobenem li. Oberschenkel zwei weitere Ringe (9; 10). Aussen entlang li. Oberschenkel (von oben nach unten): Zierscheibe (11); Bärenzahn (12), Lochung zu den Füssen; grosse Perle (13) und Glasscherbe (14); daran anschliessend in Längsrichtung Messer (15); auf Messerklinge Perle (16). Neben dem Knie Münze (17). Beim re. Ellenbogengelenk, unter Unterarm RS (18)."

Literatur: Anke Burzler/Markus Höneisen/Jakob Leicht/Beatrice Ruckstuhl, Das frühmittelalterliche Schleitheim - Siedlung, Gräberfeld und Kirche; Bd. 27 (2003): Fundberichte aus Baden-Württemberg

Abbildung: Eine von drei Tafeln zu den Perlen von Schleitheim -

Hügel 77 des Navra-Gräberfeldes

Die Kopfbedeckung und Halsketten aus in Hügel 77 des Navra-Gräberfeldes, Bezirk Miadel, umfassten mehr als 600 Glasperlen.
Ich muss jetzt noch herausfinden, welche Perlen zur Kopfbedeckung gehörten.

Literatur
Н. А. Плавинский, М. И. Степанова Материалы к реконструкции женского погребального головного убора на селения Верхнего Повилья ХI в.
N. A. Plavinsky, M. I. Stepanova : Materialien zur Rekonstruktion des weiblichen Grabschmucks der Bevölkerung des Oberen Povilja aus dem 11. Jahrhundert.

und

М. И. Степанова, Н. А. Плавинский
К вопросу о месте бус в погребальном
костюме населения Верхнего Повилья
в конце Х – ХII в.
M. I. Stepanova, N. A. Plavinsky Zur Frage nach dem Platz der Perlen bei der Beerdigung Tracht der Bevölkerung des Oberen Povilja am Ende des X - XII Jahrhunderts

Barthelmie, Torben, 03/20222